„Also Berge?“, fragte er etwas überrascht und musterte sie wieder. Ski ohne berge war nur schwer vorstellbar, weswegen die Frage eigentlich überflüssig war, aber er hatte einfach nicht damit gerechnet. „Du kommst aus dem germanischen Raum oder?“ grenzte er das Ganze weiter ein und kramt nach dem Letzten bisschen Inhalt Geografielektion, der doch irgendwo in seinem Gedächtnis versteckt sein musste. Sicher hatte er das alles irgendwann mal gelernt, bis zu einem gewissen Grad miterlebt, aber wenn er ganz ehrlich war, war er wohl ein zu großer Egoist um sich länger mit den Problemen anderer, wie dem ziehen von Landesgrenzen, zu beschäftigen; ihm reichten seine eigenen!
Seine vorherige Verwunderung kam wieder auf, als Lichtenstein zu lachen begann und auch der Rothaarige konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Sie waren offenbar beide wahre Glückspilze. Da es sie ohne Teflon nicht weiter bringen würde, vor dem Lehrerzimmer zu verharren, setzte Schottland sich kurze zeit später wieder in Bewerbung. Sie mussten also doch weiter nach dem Schlüssel suchen müssen, aber vorher würde er irgendwas essen müssen.
Nicht weit von der Bibliothek entfernt gab bei einem der Treppenhäuser einige Automaten mit Getränken und Snacks und wenn ehrlich war, würde er im Moment für Schokolade auch töten. „Na komm“, sagt er über die Schulter, „wenn wir hier schon feststecken, sollten wir das Beste daraus machen.“
Das grässlich grelle Licht, der Automaten erhellte einen Teil des Treppenhauses und Schottland musste einige Male blinzeln, so sehr hatten sich seine Augen an das Dämmerlicht der Flure bereits gewöhnt. Nach einem hastigen Blick über die Auswahl, warf Schottland seiner unfreiwilligen Begleitung einen Seitenblick zu „Wie strickt sind deine moralischen Werte?“, fragte er zögerlich und war sich nicht sicher, ob er eine ehrliche Antwort wirklich hören wollte. So wie er sie durch den oberflächlichen Eindruck den er bisher von ihr hatte, einschätzte, gehörte die Blonde eher zu den artigen Leuten, die in ihrem Leben noch nie etwas Schlimmeres getan hatten als bei Rot über die Straße zu laufen und vielleicht nicht einmal das.
Mit ein wenig rütteln und dem ein oder anderen Hack aus dem Internet würden sie für lau schlemmen können, doch stehlen blieb stehlen, auch wenn man hungrige und in einer Schule eingesperrt war, oder? Er seufzte, als sein Magen wieder zu knurren begann, also begann er in seinem Sporran – oder eher der neumodischen Beintasche, die er nur zum Spaß so nannte – nach Kleingelt zu fischen. „Weißt du, ich frage mich, wirklich warum die ausgerechnet hier stehen, man darf doch gar keine Getränke und so mit in die Bibliothek nehmen. Willst du irgendwas Bestimmtes?“ Zwar stellte er diese Frage laut, doch war der Schotte bereits dabei Münzen in den Schlitz zu werfen und wild Knöpfe zu drücken.
Ungeniert ließ er sich im Schneidersitz auf dem Boden nieder und zog einen der Schokoriegel aus der Sammlung Süßkram, von dem er sofort eine Ecke abbeißen musste. Dann klopfte er einladend mit der Hand auf den Boden, der zwar Hart war aber immerhin hatten sie hier ein wenig Licht. „Okay also eigenartiger Bruder!“ griff er nach einem weiteren Bissen das von Lichtenstein angesprochene Thema wieder auf „also, du besitzt ein Handy aber du hast es nicht bei dir, damit niemand deine Nummer bekommt.“ So, oder so ähnlich hatte sie das seiner Meinung nach gesagt. „Warum steht denn dein Aufpasser dann nicht längst auf der Matte und holt dich hier raus“ und was würde er wohl davon halten, dass sie alleine mit ihm hier war, fragte er sich in Gedanken.
Bei ihm verhielt sich das anders, er war der festen Überzeugung das seine Brüder nicht einmal merken würden das er nicht im Wohnheim war, was an sich etwas gutes war, er war heilfroh das sie nicht alle auf schritt und tritt aufeinander hockten, aber in diesem Moment wäre es schon praktisch.