Zugegeben, dieser ganze Schultrip war von vorneherein das Letzte, von dem verlorenen Wochenende, über die willkürliche Gruppenverteilung, bis hin zu der Banalität der ganzen Veranstaltung, doch allmählich nahm das ganze Bahnen an die, lächerlich übersprangen und einfach nur noch absurd waren.
War das was Sophie ihnen zu ihrer Gruppe erzählte zu Beginn gleichermaßen unterhaltsam, wie wenigstens in dem Sinne nützlich, dass sie damit nicht Ellys verrückte Idee, die beiden sollten alleine losziehen und sich auf die Fersen von ihrer Gruppe machen, unterstützte, ging es schon einen Moment später steil bergab – wo es doch bei ihrer kleinen Wandertour und Bergsteigen insgesamt darum ging, nach oben zu kommen. Ungläubig schüttelte der Rothaarige den Kopf, als sie sich an in wandte. Wenn es überhaupt möglich war, sank dadurch seine Laune noch weiter und entsprechend kühl war sein Ton, als er ihr antwortete: „ist das dein ernst?“ Zwar ging er bereits davon aus, denn sie zog tatsächlich einen Apfel aus ihrer Tasche. Doch wie das manchmal so ist, wenn man rhetorische Fragen stellt, hoffte Welner, dass dies nur ein verdammt schlechter Scherz sein sollte. Wenn ja, dann konnte sie sich den Apfel sonst wo hinstecken!
Er rechnete jedoch nicht damit, dass sie ihm antworten würde, weswegen der Schotte sich stattdessen direkt an Natalia wandte, die bei ihren geflüsterten Worten, offensichtlich nicht bedacht hatte das sie alle beisammen standen. „Erstens“ er erhob beim Zählen den Zeigefinger „bin ich nicht leicht reizbar – und sensibel schon gar nicht“, ergänzte er als kleinen Hinweis für die Brünette, da sich einbildete zu wissen was hier abging, ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben „und zweitens“, der Mittelfinger folgte, „nein, ich bin nicht hungrig!“
Und das stimmte, er war nicht gereizt (gewesen), er war bis zur Resignation genervt, das war ein gewaltiger Unterschied, und, betrachtete man die ganze Situation mal rational, hatte er auch nichts gesagt oder getan was dagegen sprach. Okay er war ausgeflippt, weil jemand seinen Bruder erwähnt hatte – ach nein das war er ja gar nicht gewesen. Aber er hatte aller Vorgaben zum Trotz, seine Gruppe verlassen, um dann in einer anderen den Klugscheißer zu spielen – nein das war er auch nicht. Hmm. Wenn überhaupt, den hatte er sich lediglich zu Schulden kommen lassen, das er offensichtliche Dummheit mit Sarkasmus gestraft hatte. Lächerlich, wenngleich nicht komisch genug das er wieder lachen würde – was ja seit neusten definitiv ein offensichtliches Zeichen dafür war, dass jemand Gereiztheit war.
Welner schnaubte verächtlich, als nun auch wieder Elly an der Reihe war und eine neue Strategie fuhr. Nach aufmüpfig und tollpatschig folgte nun einsichtig-erwachsen. Doch am liebsten hätte er wieder losgelacht, hörte sie sich eigentlich zu? Sie war alles andere als respektvoll, sie hatte keinen Respekt vor ihrem Lehrer, nicht vor ihrem Bruder und erst recht nicht vor ihm und warum auch, dazu gab es auch keinen Grund? Nur dann sollte sie gefälligst auch umgekehrt keinen Respekt erwarten. Dass sie ihm eine Sekunde später das Telefon wieder aus der Hand riss, war auch nicht unbedingt ein Zeichen von Respekt oder dessen kleines Bruders Höflichkeit.
Er wartete genauso lange, bis die Blonde aufgelegt hatte, ehe er kopfschüttelnd, aber in demselben monotonen Ton wie sie sagte: „weißt du was dein Problem ist, du musst immer im Mittelpunkt stehen.“ abgesehen von allem anderen heute, bewies das schon die Tatsache, dass Elly ihr ach so geliebtes Satellitentelefon an sich gerissen hatte, um auch ja diejenige zu sein, die sich bei ihrem Lehrer meldet, nur um sich dann darüber zu beschweren, als hätte man sie gezwungen es zu tun.
Damit war alles gesagt, denn anders als die anderen beiden würde er sich sicher nicht hinstellen und so tun als wäre ihr verhalten völlig normal oder aber gerechtfertigt, weil sie ja so ein armes kleines Ding war, das man betütteln musste – wahrscheinlich nur weil sie alle Mädchen waren. Hinstellen war das richtige Stichwort, denn, auch wenn die drei sich in dem Wunsch einig waren weiter zu gehen – die Brünette hatte dies nun schon zum zweiten Mal geäußert – hatte offenbar keine von ihnen vor, den Worten auch Taten folgen zu lassen, weswegen Welner nur wider die Augen verdrehte und seufzte. Ohne ein weiteres Wort wandte er sich wieder um und folgte weiter dem Weg, der sie noch ein gutes Stück weiter an ihrer Route entlangführte.